Peugeot iOn- Falsch gepolt
Sven Jürisch
Hoch hinaus möchte Peugeot mit dem ersten in Großserie gefertigten Elektroauto, dem Peugeot iOn. Doch nach einer Woche Praxistest überwiegt der Frust, statt die Lust am rein elektrischen Fahren.
Der erste Eindruck entscheidet ja eigentlich über das Wohl und Wehe. Und, ja man muss es sagen, das Design des viertürigen Peugeot iOn erweckt eigentlich eher Mitleid. Der 3,48m lange Stadtfloh steht so zierlich auf seinen serienmäßigen Alufelgen, das man den Zwerg am liebsten mit in die warme Stube nehmen möchte. Doch der erste voll elektrische Großserienwagen soll auf die Straße und zeigen, das es auch ohne Benzinmotor geht. Also aufladen, doch wo? Die heimische Haussteckdose soll zwar ausreichen, doch bereits der erste Versuch, das unhandliche Ladegerät zu betreiben, scheitert. Die Sicherung fliegt nach 10 Minuten Ladedauer aus. 16 Ampere sollte die Stromquelle schon liefern. Im zweiten Anlauf klappt es und über Nacht ist der 67 PS starke Zwerg geladen. Schneller geht es an der Starkstrom Ladestation- wenn man denn eine findet. Dann sind bereits binnen 30 Minuten die müden Akkus wieder zum Leben erweckt, zumindest soweit das die Fahrt weitergehen kann.
Erstauliches Platzangebot
Der Einstieg in den Peugeot gelingt problemlos. Sitzposition und Bedienung entsprechen dem Klassenstandard, wenn auch nicht mehr. Klimaanlage, MP3 Radio, Sitzheizung sowie sechs Airbags und zwei Isofix. Kindersitzhalterungen gehören zur Standardausrüstung. Dass die Farb- und Materialauswahl im Innenraum eher unterstes Klassenniveau ist, stört nur die Umsteiger aus der Premiumliga, alle anderen freuen sich über die leicht abwischbaren Verkleidungen, bei denen der verschüttete O-Saft keine dauerhaften Spuren hinterläßt. Dann der spannende Moment: Zündschlüssel gedreht, den Wählhebel auf „D“ gelegt und los geht es, die erste rein elektrische Fahrt. Lautlos und flott summt man durch die Stadt, niemand beachtet den kleinen Franzosen, was speziell in fußgängerreichen Großstädten zum Problem wird, wenn sich die Passanten mit einem Hechtsprung vor dem lautlosem Stromer in Sicherheit bringen müssen. Der legt sich an der Ampel mächtig ins Zeug, sprintet wie ein Benziner und geht auch jenseits von 60 km/h noch erstaunlich gut. Das verführt zum flotten Fahren, sodass die digitale Reichweitenanzeige kaum mit den Korrekturen nach unten nachkommt. Wer jetzt noch die elektrische Fahrzeugheizung samt Gebläse einschaltet oder gar die Heckscheibenheizung aktiviert, sollte sicher sein, am Ziel eine Steckdose vorzufinden. In der Praxis reichte die Akkuladung an einem normalen Herbsttag gerade einmal 80 Kilometer weit. Genug, wenn es nur zum Shoppen in die Stadt und zurück geht. Zu wenig, wenn man auch noch eine Runde in das umliegende ländliche Gebiet plant. Und so wird die Fahrt im iOn zum Kalorienzählen der speziellen Art. Unentwegt ertappt man sich dabei, zu rechnen, ob die Akkuladung ausreicht oder nicht, zumal das Zwischenladen aufgrund der schlechten Infrastruktur im Prinzip ausfällt. Das verleidet einem die Freude an dem ansonsten durchaus überzeugenden Konzept.
Fahrwerk mit Reserven
Das der iOn trotz seiner winzigen Abmessungen durchaus das Zeug für längere Strecken hat, beweist sein Fahrkomfort. Für einen City Floh federt der Peugeot erstaunlich gut, läßt sich leicht lenken und wer einmal zu schnell in die Kurve geht, braucht dank der guten Bremsen mit ABS nicht um sein Leben zu fürchten.
Fazit:
Das der Weg , den Peugeot mit dem iOn beschreitet richtig ist, wird deutlich, wenn man den Wagen so nutzt , wie es die Akkukapazität erlaubt. Dann erfreut der kleine Stadtflitzer mit seinen kompakten Abmessungen und dem guten Gefühl , dem täglichen Wettlauf der Benzinpreise entkommen zu sein. Doch für eine derzeitige Leasingrate von 500 Euro ist dies eindeutig zu wenig. Solange es um die Ladeinfrastruktur so schlecht bestellt ist wie derzeit, ist der Mobilitätsfaktor des iOn eindeutig zu gering.