Kia Carens – Die Reifeprüfung
Sven Jürisch
Kia ist schon lange nicht mehr der koreanische Billigheimer von einst. Mit dem komplett erneuerten Carens soll auch die Präsenz im Minivan Segment weiter ausgebaut werden
Sie sind einfach praktisch, diese Minivans. Sie fahren wie ein normaler PKW, lassen sich genauso parken und bieten doch bei Bedarf einer halben Fußballmannschaft Platz. Der Kia Carens war bislang in diesem Marktsegment nur im Mittelfeld unterwegs. Grund genug bei der nun präsentierten Neuauflage alle Trümpfe der aufstrebenden Marke auszuspielen.
Europäisches Design
Das ein Minivan nicht mehr nur praktisch sein muß, sondern auch durchaus ansehnlich sein kann, beweißt der Carens auf den ersten Blick. Europäisches Design, solide Verarbeitung und kein überflüssiger Schnickschnack, so lautet die Devise bei Kia. Der Carens präsentiert sich klar gezeichnet, ist dank großzügiger Fensterflächen einigermaßen übersichtlich und auch seine Türen und die Heckklappe öffnen praxisgerecht in großen Winkeln. Eine niedrige Ladekante erleichtert zusätzlich das Einladen schwerer Gegenstände, während die leicht angehobene Sitzhöhe den täglichen Umgang, etwa beim Montieren des Maxi Cosi, angenehm macht.
Doch ein Minivan wäre nicht ein Minivan, wenn es in seinem Inneren nicht zuginge wie in der Sofaabteilung eines Möbelhauses. Einsitzer, Zweiersofa oder doch ein flotter Dreier? Alles ist möglich im Carens, denn bis auf den Fahrersitz sind alle Sitzgelegenheiten frei falt-und umlegbar. Bei Bedarf verfügt der Carens über sieben Sitze und drei Sitzreihen, wobei bei voller Nutzung nur noch ein Stauraum von 103 Litern hinter der optionalen dritten Sitzreihe übrig bleibt. Besonders praktisch ist der nach vorn umklappbare Beifahrersitz, der sogar den Transport von Surfboards oder Teppichrollen im Innenraum erlaubt. Doch der Kia glänzt auch im Verborgenen mit Talenten. So überrascht der Minivan mit zahllosen kleinen Ablagen, einem von der Klimaanlage gekühlten Handschuhfach oder der herausnehmbaren Innenleuchte des Kofferraumes, die dann als Taschenlampe umfunktioniert werden kann. Und wer je mit einer lautstark jolenden Fußballtruppe im Fond parallel zur Straße einzuparken hatte, wird den optionalen Parkautomaten lieben lernen. Spätestens wenn er den Carens selbstständig in die freie Lücke bugsiert, herrscht garantiert ehrfürchtiges Erstaunen im Auto.
Basismotor ohne Power
Mit der ist es aber schnell vorbei, wenn man sich bei der Wahl des Motors vertut. Drei Vierzylinder sind im Angebot, von denen der kleinste Benziner mit dem 1,6 Tonnen Auto trotz seiner 135 PS seine Mühe hat. Das Aggregat dreht nur widerwillig über die 4.000 U/min und tut seinen Unmut darüber auch deutlich hörbar kund. Die Fahrleistungen sind dann auch bestenfalls nur Mittelmaß, was den Griff zu den beiden stärkeren Motoren erstrebenswert macht. Beste Wahl dabei, der drehmomentstarke Diesel (136 PS), mit dem der Kia alles das erledigt, was er soll. Er tritt zügig an, dreht locker aus und auch auf der Autobahn fällt der Selbstzünder nicht unangenehm auf und hält den Minivan mit bis zu 191 km/h gut in Trab. Das der Verbrauch angesichts der 331 Nm im Bereich um 6 Liter pendelt, geht angesichts der Größe in Ordnung. Deutlich mehr (9,5 Liter) genehmigt sich der 2,0 Liter Benziner Direkteinspritzer mit 166 PS,der sich aber nur für Wenigfahrer anbietet. Mit ihm knackt der Carens dann auch die 200 km/h Marke, was jedoch bei einem Minivan von eher untergeordneter Bedeutung sein dürfte.
Servolenkung gewöhnungsbedürftig
Allen Motoren gemeinsam ist die etwas gewöhnungsbedüftige Servolenkung, bei der fehlende Rückstellkräfte Neueinsteiger schon einmal erschreckt nachfassen lassen. Wer allerdings länger mit dem Carens unterwegs ist, wird sich an diese Petitesse schnell gewöhnen.
Gutes Preis-Leistungsverhältnis
Das in Zukunft immer mehr Interessenten eines Minivans zu den Kia Kunden gehören könnten hat neben der sehr ordentlichen Qualität vor allem zwei Ursachen: Zum einen bietet Kia den Carens in der Basisversion für überraschende 19.980 Euro an, zum anderen ködern die Koreaner derzeit noch bis Juli mit einer umfassenden siebenjährigen Garantie und versprechen zudem noch ein kostenloses Map Update für das optionale Navisystem gehört. Zieht man dann noch das wachsende Händlernetz in Betracht, gibt es eigentlich kaum Gründe, die gegen den Carens sprechen.
Kia Carens aussen
Fazit: Kia hat mit dem neuen Carens ein sehr gutes Auto auf die Beine gestellt. Der Einstiegsmotor ist zwar etwas lahm, reicht aber in der Stadt aus. Mit praktischen Details und guter Ausstattung kann der Kia Carens ebenso punkten, wie mit einem niedrigem Preis.
Kia Carens in Kürze*:
Maße und Gewichte: Länge x Breite* x Höhe 4,525 (4,25) x 1,80 x 1,605 (1,60) m, Radstand 2,75 m, Wendekreis 11,0 m; Leergewicht ab 1458 kg, Zuladung 542-657 kg, Anhängelast gebr./12 % 1.300 kg; Kofferraumvolumen 103-1.820 l; Tankinhalt 58l.
Benziner:
1.6 GDI: Leistung 99 kw/135 PS, max. Drehmoment 165 Nm bei 4.850/min, 0–100 km/h in 11,3 s, Spitze 185 km/h; Normverbrauch 6,4 l S/100 km, CO2-Ausstoß 149 g/km; Euro5; lieferbar mit Sechsgang-Schaltgetriebe, ab € 19.990,- .
2.0 GDI: 122 kW/166 PS, 210 Nm bei 4.700/min, 0-100 km/h 9,7 s (10,8) , 203 km/h (200 km/h); Normverbrauch 7,2 l S (7,9), 166 g ( 184 g) CO2/km; Euro5, ; lieferbar mit Sechsgang-Schaltgetriebe, ab € 22.990,- ; 6-Stufen Automatik gegen 1.250,- Aufpreis, Werte in Klammern.
Diesel:
1,7 CRDI: 100 kW/136 PS, 331 Nm (320Nm) bei 1.750-2.500 /min, 0-100 km/h 10,4 s (12,0) , 191 km/h (186 km/h); Normverbrauch 4,8 l S (6,1), 127 g (159 g) CO2/km; Euro5, ; lieferbar mit Sechsgang-Schaltgetriebe, ab € 23.990,- ; 6-Stufen Automatik gegen 1.250,- Aufpreis, Werte in Klammern.