Smart E-Bike: Schicke Schale-schwerer Kern
Mit dem E-Bike baut Smart sein Elektroprogramm aus. Das das stylishe Bike jedoch noch nicht der Weisheit letzter Schluß sein kann, bewies unser Praxistest.
Eines vorweg: Dieses Fahrrad müssen Sie lieben, wie Ihr Kind. Sie müssen es abends mit in die Wohnung nehmen (sonst ist definitiv am nächsten Morgen geklaut), es füttern (also an die Steckdose anschließen) oder ihm den Tornister (Akku) für den nächsten Tag packen (laden). Dann belohnt das Smart E-Bike Sie am nächsten Tag mit dem neuen Gefühl gesteigerter Mobilität. Denn das erste Fahrrad von Smart ist ein Pedelec, also ein Fahrrad mit eingebauter elektrischer Unterstützung.
Und so funktionierts: Am Hinterrad des derzeit nur in weiß erhältlichen Bikes sitzt ein elektrischer Nabenmotor, der seine Energie von einem im Rahmen eingebauten Akku erhält. Gesteuert wird der Einsatz des Motors durch den Fahrer. Immer wenn dieser an dem übersichtlichen Display eine der vier Unterstützungsstufen eingestellt hat und zu Treten beginnt, hilft der E-Motor mit, die gewünschte Geschwindigkeit zu erreichen. Hört der Fahrer auf zu Treten, fällt auch der E-Schub weg. Besonders willkommen ist diese Art der Unterstützung bei Steigungen und bei Gegenwind. Aber auch beim Anfahren auf losem Sand stellt sich eine spürbare Erleichterung ein.
Gesetzgeber schränkt Nutzung stark ein
Soweit so gut, doch in der Realität ist der Umgang mit dem Smart E-Bike weniger erbaulich. Das liegt vor allem an dem hohen Gewicht und der wenig ausgereiften Abstimmung des Daimler-Drahtesel. Mit rund 26 Kilogramm ist das Smart E-Bike nicht nur zu schwer, um etwa über die Treppen des Hausflur getragen zu werden, sondern seine Pfunde zerren auch an der Fahrdynamik. Mit eingeschalteter Tretunterstützung gelangt man zwar schnel auf die Maximalgeschwindigkeit von 25 km/h, schneller geht es dann aber nicht, da die Unterstützung schlagartig abbricht. Was es heißt, das massive Bike aus eigener Kraft voranzutreiben, erfährt man durch den dann schlagartig ansteigenden Tretwiederstand. In der Folge sinkt die Geschwindigkeit wieder unter 25 km/h und der E-Motor setzt wieder ein. Ein Spiel, was auf die Dauer nervt, für das Smart aber nur wenig kann, denn der Gesetzgeber setzt hierfür die Rahmenbedingungen, da versicherungsfreie Pedelecs nur eine Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h erreichen dürfen.
Umständliches Ladegerät
Und auch das Laden mit dem E-Bike ist gewöhnungsbedürftig. Zwar soll das Bremsen mit der Vorderradbremse den Akku teilweise wieder aufladen, doch dazu kommt es aufgrund der hohen Fahrwiderstände fast nie. Bleibt also das Laden des einfach herausnehmbaren Akkus zu Hause. Doch was Smart hier als Lösung präsentiert, ist mehr als traurig. Ein unhandliches und billig wirkendes Ladegerät, an dem zudem auch noch zwei, nicht aufrollbare, Stromleitungen baumeln, soll dem HighTech Akku neues Leben einhauchen. Das dauert etwa drei bis vier Stunden, zu lang also, um das Bike mal eben bei einer Rast nachzuladen. Zumal man kaum das Ladegerät während der Tour mitschleppen möchte. Denn das mit reichlich Kabelsalat gesegnete Ladegerät findet aufgrund des fehlenden Gepäckträgers keinen Platz am E-Bike. Smart wäre daher gut beraten, auch dieses Detail dem stylishen Rest seines Produktes anzupassen und eine praxisnahe Lösung zu präsentieren, etwa durch ein leichtes on Board Ladegerät, bei dem lediglich eine Schuco Steckdose benötigt wird.
Zu allem Übel glänzte das Smart E-Bike in unserem Test nur mit einer durchschnittlichen Reichweite. Wird regelmäßig mit voller Akkuunterstützung gefahren, was sich angesichst des hohen Gewichtes fast automatisch ergibt, ist nach nur 35 Kilometern Schluß mit dem zarten Zusatzpunch. Dann heißt es, wie bei jedem herrkömmlichen Drahtesel, kräftig in die Pedale zu treten, um rechtzeitig vor der Dunkelheit zu Hause zu sein.
Positiv schneidet das Smart E-Bike dagegen ab, wenn es um die Bedienung und Verarbeitung geht. Das 2.800 Euro teure Edelbike ist solide gebaut, die Komponenten sind hochwertig und auch die Sitzposition passt. Das zentrale Bedienungspanel von dem aus die Unterstützung gesteuert wird, ist leicht zu bedienen und regenfest und kann bei Bedarf abgenommen werden.So bleibt zumindest dieses vor dem Zugriff von Dieben verschont, denn eine Unterbringungsmöglichkeit für ein solides Bügelschloß sieht das Smart E-Bike nicht vor.
FiF Fazit: Smarts erster Versuch ein E-Bike zu bauen ist eher etwas für den Boulevard, als für den täglichen Gebrauch. Sein schickes Design und seine tolle Verarbeitung können nicht über eklatante Praxismängel hinwegtäuschen. Insbesondere das hohe Gewicht und die fehlende on Board Lademöglichkeit verhindern einen praktischen Mehrwert des Elektroantriebes.