Suzuki SX4 S-Cross – Das Hoch Gefühl
Sven Jürisch
Suzuki greift an. Jahrelang befanden sich die Japaner im Dornröschenschlaf und lockten mit dem Swift oder dem in die Jahre gekommenen Vitara kaum jemandem mehr hinter dem Ofen hervor. Doch jetzt setzt die Marke den Blinker links und präsentiert nach dem Swift Sport mit fünf Türen die nächste Neuheit. Der SX4 S-Cross nimmt die Stelle des Allrounder ein, der so praktisch sein will, wie das Schweizer Klappmesser. Welche Qualitäten er hat klärt FrauinFahrt im ersten Test.
In welche Schublade passt der denn?
Der SX4 S-Cross wirft schon bei der ersten Begegnung Fragen auf. Denn was soll er sein? Ein vollwertiges SUV? Wohl kaum, denn die geringe Bodenfreiheit und edlen 17 Zoll Alufelgen lassen den Fünftürer bereits an der ersten Flußdurchfahrt scheitern. Doch mal ehrlich, wann hatten Sie das letzte Mal das Bedürfnis einen Fluß zu durchqueren? Eben. Also ist der SX4 S-Cross das, was so viele in seinem Segment sein wollen. Ein Typ für jeden Tag und für jeden normalen Weg, der sich in Mitteleuropa so findet. Daher nimmt es der SX4 S-Cross auch nicht krumm, wenn es mal auf Schotter -und Sandwege geht. Damit es nicht zu Kratzern am Lack kommt, gibt es rundum viel Plastik, nur schade, dass sich das nicht an den Prallflächen der Stoßfänger und den Türen wiederfindet, denn die leiden schon bei der ersten Einkaufsrallye und bekommen leicht häßliche Macken. Das umso eher, als es den heute eigentlich selbstverständlichen Parkpiepser nur in der Topversion Comfort+ gibt. Alle anderen Versionen müssen auf dieses nützliche Extra verzichten.
Mach auf die Tür
Dabei hat der SX4 S-Cross durchaus Shopping-Talente. Mit kompakten Abmaßen (Länge 4,30 Meter) und vier Türen sowie einer großen, weit öffnenden Heckklappe macht er sich gut, wenn es darum geht die Kleinen zur Kita zu bringen, den Wochenendeinkauf nach Hause zu karren oder auch mal einen Ausflug zu machen. Zahlreiche Staufächer im großzügigen Innenraum, leicht abwischbare Materialien und pflegeleichte Sitzbezüge erleichtern das Zusammenleben mit dem Suzuki. Das das Interieur nicht den edlen Touch der deutschen Premiummarken versprüht, muss man allerdings in Kauf nehmen. Suzuki ist in Sachen Innenraumhaptik zwar auf einem guten Weg, allerdings bleibt hier durchaus noch Raum für Verbesserungen. Und auch bei der Funktionalität gilt es Abstriche zu machen. Denn eine Fernentriegelung der Rücksitzlehnen vom Kofferraum aus sucht man ebenso vergebens, wie eine vollständig verkleidete Ladekante des Kofferraums oder ein schützendes Trenngitter an den hinteren Sitzlehnen.
Suzuki SX4 KofferraumWenig Auswahl bei den Motoren
Auch wenn Suzuki als Motoradhersteller über viel Erfahrung im Motorenbau verfügt, im SX4 S-Cross merkt man davon wenig. Zur Auswahl stehen nur zwei Motoren, die zudem über die identische Leistung von 120 PS verfügen. Nach einer kurzen Runde in dem 1,6 Liter Benziner wird klar, dass diese Version vermutlich nur wenig ambitionierte Autofahrerinnen begeistern wird. Der Vierzylinder dreht lustlos und laut hoch, vermittelt wenig Fahrfreude und kann auch in Sachen Verbrauch in der Praxis nicht begeistern. Also schnell umsteigen, in den Diesel mit der gleichen Leistung. Der von Fiat beigesteuerte Motor benimmt sich schon besser. Er hat bei Bedarf ordentlich Dampf, um auch mal kräftig beschleunigen zu können, dreht zumindest halbwegs fröhlich hoch und macht auch in Sachen Verbrauch eine gute Figur. 4,2 Liter Diesel auf 100 KIlometern gibt Suzuki an und auf ersten Testfahrten schien zumindest ein Wert von unter fünf Litern realistisch. Dieses Ziel zu erreichen unterstützt Suzuki mit einer serienmäßigen Start/Stopp Anlage, die sich im Bedarfsfall auch abschalten läßt.
Automatisch besser mit Automatik?
Einen Motor hätten wir also schon, doch welches Getriebe wählen? Eigentlich ist das Schaltgetriebe gerade für den Daily Driver tot. Das ständige Kuppeln und Schalten mutet beim heutigen Verkehrsgeschehen an, wie aus einer anderen Zeit. Gründe für den Erwerb eines Schaltgetriebes gibt es daher eigentlich keine, es sei denn der Hersteller läßt einem keine Wahl. So verhält es sich bei Suzuki, denn die Japaner liefern für einen Mehrpreis von 1.500 Euro nur ein stufenloses Automatikgetriebe (CVT), was zumindest in der Vergangenheit durch die Bank weg kaum zu überzeugen vermochte. Da hilft es auch nichts, dass diese Arbeitserleichterung sowohl für die Allrad -als auch für die Frontantriebsversion lieferbar ist. Die bessere (und leider auch einzige Alternative) ist daher das Schaltgetriebe, dass allerdings mit nur fünf Gängen auskommen muss. Ein Wort noch zum optionalen permanenten Allradantrieb. Suzuki liefert ihn für jede der beiden Motorversionen für 1.700 Euro Aufpreis und läßt der Fahrerin die Wahl bei schwierigen Untergrundsituationen das richtige Traktionsprogramm mittels Drehschalter zu wählen. In der Praxis kann man dabei nicht viel verkehrt machen und der SX$ S-Cross wird sich nur in Ausnahmefällen wirklich festfahren. Ob man allerdings bei der geringen Bodenfreiheit den Allrad wirlich braucht, ist eine Geschmacksfrage, die man in St.Moritz sicher anders beantwortet, als imweitgehend Schnee freien Bremen.
Discout-Preise ausgeschlossen
Ohne Frage, der Suzukis SX4 S-Cross ist ein gutes Auto für den Alltag. Mehr aber auch nicht. Weshalb also gerade ihn aus der Masse der Mid-Size SUV-Modelle auswählen, wenn auch die Konkurrenz zahlreiche Modelle im Angebot hat. Mit einem Grundpreis von 19.490 Euro greifen die Japaner mit dem Basismodell an. Wer etwas Luxus haben möchte, wird allerdings die 1.800 Euro Aufpreis für die Comfort Version bezahlen und erhält zum einen die Möglichkeit den Allradantrieb dazuzukaufen, zum anderen ein schlüsselloses Startsystem (kein schlüsselloses Einsteigen), Nebelscheinwerfer und eine Zweizonenklimaautomatik. Darf es etwas mehr sein? Dann geht es mit der Comfort + genannten Linie in die Bel Etage des Suzuki-Ausstattungsprogramms. Mäßig verarbeitete und Schweiß treibende Ledersitzbezüge samt Sitzheizung, ein offenbar nachträglich adaptiertes Naviagtionssystem mit Bluetooth-Freisprechanlage sowie ein 7-Lautsprecher Soundsystem sollen dem Kunden glaubhaft machen, in der nächst höheren Fahrzeugklasse angekommen zu sein. Das das mit mindestens 25.090 Euro zu bezahlen ist, dürfte so manch einem Interessenten dann aber doch sauer aufstoßen, denn für diesen Preis bietet Konkurrent VW etwa den 122 PS starken Tiguan Trend&Fun mit 122 PS an, der zwar über weniger Ausstattung verfügt, aber in Sachen Verarbeitung, Wertstabilität und Image dem Suzuki überlegen ist.
Fazit: Mit dem Suzuki SX4 S-Cross ist Suzuki zwar ein respektables Auto geglückt, doch die Japaner treten mit einem Preis an, bei dem der Konsument zunehmend kritisch wird. Der Versuch, dem Anspruch durch eine reichhaltige Ausstattung zumindest halbwegs gerecht zu werden gelingt nur halbwegs. Verarbeitung, Technik und vor allem Materialauswahl vermögen beim SX4 S-Cross nicht den Erwartungen dieser Klasse gerecht zu werden. Für einen nachhaltigen Markterfolg dürfte es dem SX4 S-Cross auf dem deutschen Markt daher vor allem an einem einem brauchbarem Benziner und vor allem an einem deutlich günstigerem Preis fehlen.
Das gefiel:
-durchzugsstarker Dieselmotor mit niedrigem Verbrauch
-funktionaler, weil variabler Innenraum
-gute Sitzposition und akzeptables Raumangebot
-hohe Unfallsicherheit und zahlreiche Sicherheitsfeatures
-einfache Bedienung
Das missfiel:
-zäher und wenig leistungsstarker Benzinmotor
-nur mäßige Verarbeitung sowie haptische Ungereimtheiten
-teilweise unpraktische Detaillösungen
-wenig zeitgemäße Aufpreispolitik ( Einparkhilfe und Schiebedach bei einfachen Versionen nicht erhältlich)
-kein Sechsgang-Getriebe erhältlich
-keine Assistenzsysteme im Angebot