Geht durch dick und dünn-Ford Kuga
Sven Jürisch
Mit Verspätung läuft am 13.April diesen Jahres die zweite Ausgabe des seit 2008 am Markt befindlichen Ford Kuga bei den deutschen Händlern ein. Wenn das 4,50 Meter Auto sich dann im Showroom der neugierigen Blicke der Besucher stellt, werden einige der anwesenden Herrschaften das Auto wiedererkennen. Denn der Ford ist eigentlich zu diesem Zeitpunkt bereits ein alter Hut. Als international operierender Hersteller setzt Ford seit geraumer Zeit auf die „One Car, one World“ Strategie. Und um dem Heimatmarkt Amerika ein bisschen was Gutes zu tun, wurde der international konstruierte und an drei Ford Standorten produzierte Geländewagen, in den USA schon vor einem Jahr präsentiert. Als Ersatz für den klobigen und in die Jahre gekommenen Ford Escape.
Langweilige Optik
Doch genug des Gemeckers. In Europa gab es den Escape nie, sodass zumindest die Optik des zweiten Kuga Aufgusses hierzulande als „Neu“ durchgeht. Angesichts der wenigen Highlights im Design, muss man jedoch zweimal hinsehen, um bei der nächsten Begegnung das Auto wiederzuerkennen. Keine Frage, ein Tiguan von Volkswagen oder gar der über dem Kuga angesiedelte Evoque von Land Rover haben mehr Personality zu bieten. Rein objektiv gesehen haben die Ford Mannen dagegen alles richtig gemacht. Der neue Kuga hat vier weit öffnende Türen und eine elektrisch operierende Heckklappe, die, wenn gewünscht, sich sogar mit dem Wedeln des Fußes unter der Stoßstange öffnen lässt. Schönes Spielzeug, aber nur wirklich dann sinnvoll, wenn die Elektrik die Klappe auch in angemessener Geschwindigkeit in die Höhe liften würde. Sie tut es leider nur im Schneckentempo, was bei vollen Einkaufstüten und Dauerregen nicht der Weisheit letzter Schluss ist, denn bis die Klappe erstmal oben ist, sind Mensch und Einkäufe naß.
Ford Kuga außen
Lücken in der Ausstattung – komplett bei der Sicherheit
Daneben kann der Kuga auch an diversen anderen Details nicht verbergen, daß hier mit dem spitzen Bleistift konstruiert wurde. So ist ein Gepäcktrennnetz nicht erhältlich, eine Anhängerkupplung nur in abnehmbarer aber nicht in schwenkbarer Form lieferbar (Anhängelast max. 2.100 kg ) und Hits für Kids, etwa ein paar Kopfstützenmonitore oder seitliche Rollos, erst gar nicht im Angebot. Selbst innovative, Ford eigene Ideen, wie der ausklappende Türkantenschutz, fehlen in der Preisliste des Kuga. In Sachen Sicherheit ist der Ford dagegen auf der Höhe der Zeit. Zahlreiche Airbags, darunter ein Knieairbag, schützen im Falle eines Unfalles, ein Side-Assist warnt vor Fahrzeugen im Toten Winkel und ein Radar regelt den Bremsdruck bei einer plötzlichen Vollbremsung im Stadtverkehr. Optional mit an Bord sind auch eine Verkehrsschilderkennung und ein Müdigkeitswarner. Verzichten müssen die Kugafahrerinnen jedoch weiterhin auf warme Hände am Lenkrad, denn eine Lenkradheizung findet sich ebensowenig in der Preisliste, wie ein Abstandsgeregelter Tempomat, der besonders im dichten Autobahngewühl mehr Sicherheit am Steuer schafft.
Platz in Hülle und Fülle – großzügiger Kuga Innenraum
Der Innenraum des Kuga hat vor allem im Fond deutlich an Platz gewonnen. Auf allen Plätzen herrscht, trotz der zum Vormodell etwas geringeren Höhe, ein luftiges Raumgefühl. Lediglich der Beifahrer thront angesichts fehlender Höhenverstellung seines Sitzes ein wenig über den Dingen. Abhilfe schafft da nur die Order der Elektroverstellung, bei der dann neben der manuellen Verstellmöglichkeit der Höhe (warum die nun nicht elektrisch funktioniert bleibt wohl das Geheimnis von Ford) auch noch zwei an der Rückseite der Vordersitze angebrachte Tabletts geliefert werden-praktisch, wenn man häufig mit Kindern reist. Darüberhinaus bietet der Kuga zahlreiche Ablagen für allerlei Krimskrams, sodaß an Stauraum kein Mangel herrscht. Zu ergänzen wäre die Reise taugliche Ausstattung des Ford Kuga lediglich nur noch durch ein kühlbares Handschuhfach, doch dieses simpel zu realisierende Feature hat man bei Ford offenbar schlicht vergessen.
Ford Kuga innen
Krieg der Knöpfe – Die Bedienung des Kuga
Nein, einfach ist sie nicht, die Bedienung des Kuga. Sicher, alles was man braucht, um das Auto zu fahren, ist schnell bei der Hand, doch für den Rest braucht es eine Navigation. Doch besser nicht die, die Ford gegen Mehrpreis im Kuga anbietet, denn die ist in ihrer Darstellung auf dem viel zu kleinen und viel zu entfernten Minidisplay anderen Systemen haushoch unterlegen. Ihr einziger Vorteil besteht in der guten Integration in das Ford Fahrzeug und in dem relativ bescheidenem Mehrpreis, der inklusive einem guten Soundsystem bei 945 Euro (für die Ausführung Titanium) liegt. Wer mehr Sounderlebnis wünscht, legt knapp 500 Euro drauf und erhält neben einem Sony-Lautsprechersystem auch eine Rückfahrkamera, deren Nutzen bei Regen durch eine unglückliche Ausrichtung der Linse jedoch eingeschränkt ist. Regentropfen bleiben an der Linse hängen und verzerren so den Ausblick nach hinten – die Folge: Wer sicher zurücksetzen will, muß sich doch umdrehen. Abgesehen von derlei Unpäßlichkeiten kann die Soundanlage bei entsprechender Kenntnis des Bedieners mit Audio-Streaming, also das Abspielen von Musik vom eigenen Handy via Bluetooth, ebenso aufwarten, wie mit einem Mobilfunkmodul, daß es ermöglicht im Kuga mit seinem eigenen Handy bequem und sicher über die Freisprecheinrichtung zu telefonieren. Praktisch: Das Adressbuch ist auch über das bordeigene Display abrufbar, was lästiges Fummeln am Handy erspart. Eine Sprachsteuerung komplettiert das Angebot dieser sinnvollen Zusatzausstattung. Hat man sich erst einmal an die Einstellungen und die Bedienung gewöhnt, funktionieren alle diese Dinge wunderbar problemlos und so selbstverständlich, als hätte es nie etwas anderes gegeben, doch es bedarf eben einiger Zeit und ergibt sich nicht, wie bei anderen Herstellern intuitiv aus der Anordnung der Tasten und der Abfolge der Menüstruktur.
Erfordert viel Gewöhnung-Ford Kuga
Ausgewogener Antrieb im Kuga – Diesel jetzt mit Automatikgetriebe kombinierbar
Geländewagen aus Amerika hatten vor nicht allzu grauer Vorzeit grundsätzlich einen durstigen Sechszylinder unter der Haube. Das diese Zeit vorbei ist, macht der Kuga deutlich. Ihn gibt es nur mit sparsamen Vierzylindermotoren. Als Diesel mit 140 und 163 PS, sowie als Benziner mit 150 und 182 PS. Wir fuhren den 2,0 Liter 163 PS Diesel in der Allradversion (eine Version mit Frontantrieb ist für die schwächeren Modelle lieferbar) und waren rundum zufrieden. Der Ford läuft sehr harmonisch und leise, zieht brav auch in Geländepassagen seine Spur und hat man einmal den falschen Gang eingelegt, nimmt einem der Motor das nicht übel. Er hat stets genug Kraft, um den Pferdeanhänger mit geringer Drehzahl von der Koppel zu ziehen, wobei für derlei Aufgabe die Automatikversion zu empfehlen wäre. Sie verfügt, wie das Schaltgetriebe auch, über sechs Gänge, nimmt dem Fahrer aber die Last des Kuppels vollständig ab. Wer mag kann die Gänge dennoch per Schaltpaddel am Lenkrad manuell wechseln – nur für den Fall der Fälle. Die Fahrleistungen gehen mit dem Diesel auch in Ordnung. Der Ford ist binnen 10 Sekunden auf 100 km/h und rennt, wenn es sein muß, fast 200 km/h. Dann steigt natürlich der Verbrauch, der bei normaler Fahrweise mit rund 6,5 Litern als durchaus bescheiden zu bezeichnen ist.
Fazit: Der Ford Kuga ist ein Muster an Unauffälligkeit im Guten, wie im Schlechten. Denn auch wenn Ford auf das „Kinetic Design“besonders stolz ist, hinterließ die Optik des Kuga keinen wirklich bleibenden Eindruck. Auf der anderen Seite wußte der Ford nach kurzer Eingewöhnung durch sein problemloses Wesen ebenso zu überzeugen, wie durch seinen Komfort. Eigenschaften, die dem zukünftigen Besitzer vermutlich mehr begeistern werden, als optische Effekthascherei.
Pro:
– großzügiger Innenraum
– ausreichend kräftige und sparsame Motoren
– attraktives Preis/Leistungsverhältnis
Contra:
– lückenhafte Sonderausstattungsliste
– teilweise unübersichtliche Bedienung
– nur durchschnittliche Verarbeitung
FiF empfiehlt: Den 2,0l TDCi in der Allradversion 4×4 mit Titaniumpaket und Anhängerkupplung für 33.250 Euro. Damit ist ein toller SUV vor der Tür und dank des Ford Startangebotes läßt sich der Preis auf rund 30.000 Euro drücken.